Zeit: Samstag 29.10.2011 bis Dienstag 01.11.2011
Strecke: Graz – Judenburg – Venedig – Fusina – Graz
Gefahrene Kilometer: 916 km
Hotel:
Hotel Principe
Venedig – einfach immer eine Reise wert!
Im Herbst 2011 widmeten wir neben dem obligatorischen Besuch des Markusplatzes, des Besuchs der Rialto-Brücke und der Fahrt mit den überfüllten Vaporetti den Bezirken Cannaregio, Castello und der Glasbläserinsel Murano.
Intro
Wie oft waren wir schon in der Stadt der unsagbar vielen Brücken, engen Gassen, überteuerten Aperol Spritzern und unwahrscheinlich vielen Leuten? Keine Ahnung – seit Jahren zieht es uns immer wieder an die Lagune und seit Jahren staunen wir über Kirchen, Palazzi, Vaporetti und auch über unsere Füße, die noch immer nicht endgültig w.o. gegeben haben. Selbst den weltberühmten Karneval hatten wir schon einmal – aber den brauchen wir ehrlich gesagt nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt ist nämlich Venedig endgültig ein Tollhaus und eigentlich sogar ob der noch größeren durch die engen Gassen wälzenden Menschenmassen angsterfüllend. Jeder andere Zeitpunkt, egal ob im Frühjahr oder im Herbst oder sogar im Winter hat aber seine Reize – und die Venezianer sind immer gleich erhaben ob ihres Schutzpanzers, den sie sich gegen die Touristeninvasion zugelegt haben. Den Sommer sollte man definitiv meiden – die Stadt ist sehr heiß und auch sehr geruchsintensiv. Das Pflaster ist zu diesem Zeitpunkt noch härter und die Brücken scheinen zu diesem Zeitpunkt noch höher und noch mehr vorhanden zu sein. Jedoch muss man sich – wie Montesquieu schon im 18. Jahrhundert festgestellt hat – immer eines vor Augen halten: „Man kann alle Städte der Welt gesehen haben, doch überrascht sein, wenn man in Venedig ankommt“. Venedig ist eine Verführerin. Geprägt durch Stein, Wasser und Licht zieht einen die Lagunenstadt in ihren Bann. Entweder liebt oder hasst man sie. Aber nie sollte man sich dieser Stadt gegenüber gleichgültig verhalten und nie wird diese Stadt einem gleichgültig sein.
Hot Spots (…und trotzdem ist Venedig ganz einfach wunderbar)
Venedig ist mehr als Markusplatz, Rialtobrücke, singende Gondoliere und Canale Grande. Venedig ist die Stadt am Wasser, die bereits bei der Ankunft am Piazzale Roma ihr Gesicht zu zeigen beginnt. Hier verabschiedet man sich am besten von seinem Auto, lässt es in einem der Parkhäuser stehen und begibt sich per pedes oder per vaporetto ins Abenteuer Venedig. Auf eines sollte man sich ab Piazzale Roma einstellen: der EURO wird hier wirklich ein TEURO. So kostet zum Beispiel ein Ticket für 60 min mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (hier auch Vaporetti genannt) EUR 6.50 pro Person. Damit kommt man gerade zum Markusplatz. Dort trinkt man dann einen Latte Macchiato und einen Tee und zahlt nochmals EUR 11.20. Dann bekommt man vielleicht noch Hunger, nimmt an einem der viel zu schmalen und eng gestellten Tischchen Platz und zahlt für ein etwas kärgliches Abendessen inkl. „mezzo litro rosso“ sicher nicht weniger als EUR 60,– zu zweit. Wenn man dann auch noch zusätzlich direkt in einem venezianischen Innenstadthotel wohnen möchte, rattert man mit Koffer über Brücke und Kopfsteinpflaster, versucht sich durch die Menschenmassen einen Weg zu schaffen, genießt ein Zimmer von der Größe einer Schuhschachtel und zahlt dann für 3 Nächte inkl. Frühstück (dieses aber mit grandiosen Blick auf den Canale Grande) auch gleich nochmals EUR 300,– pro Person. Trotzdem ist Venedig bewunderns- und beachtenswert. Eindeutig besteht die Gefahr, dass man die Stadt nicht sieht, sondern das Gefühl hat, in eine Postkarte zu treten und dem Postkarten-Idyll zu folgen. Allerdings vereinigt Venedig sechs kleine Welten mit jeweils einer eigenen Seele in sich. Sechs Bezirke, sogenannte Sestieri, wollen nicht an einem Tag und auch nicht an einem Wochenende entdeckt werden. Dafür braucht man Zeit und Muse. Nicht das „Abhacken von Sehenswürdigkeiten“ macht Venedig aus. Allerdings sollte man bei diesen ganzen Aufzählungen auch nicht vergessen, dass es eine sehr billige Möglichkeit gibt, mit einer Gondel zu fahren – und das sollte man unbedingt einmal in Venedig machen. Während eine normale Fahrt beinahe unerschwinglich ist, gibt es die Möglichkeit, über den Canale Grande mit einer Gondel um EUR 0,50 pro Person zu übersetzen. Selbst die Frau des Hauses, welche nicht eine so ausgeprägte „Wasserratte“ ist, konnte sich ob des doch sehr geringes Preises dazu durchringen, in dieses schwankende Etwas einzusteigen.
Murano
Ausgangspunkt war der Piazzale Roma. Mit der Linie 42 sind wir dann quer durch die Kanäle der Stadt vorbei an der Friedhofsinsel St. Michele nach einer ca. 45 min Fahrt in Murano angekommen. Dort ausgestiegen wird man sofort vom „Hauptzweck“ der Insel – nämlich der Glasbläserei empfangen. Auf beiden Seiten des in die Insel hineinragenden Kanals gibt es unzählige Geschäfte, die „Glasware“ feilbieten. Leider ist auch oftmals billiger Kitsch aus dem fernen Osten zu finden, von dem sich die echten Glasbläser aus Murano abgrenzen zu versuchen, indem sie darauf hinweisen, dass ihre Ware zwar teurer jedoch sicher aus Murano stammt. Die Fondamenta dei Vetrai ist ein Teil von Murano, nicht übersehen sollte man aber auch die Kirchen San Pietro Martiere und Santi Maria e Donato. Beiden Kirchen sind aus herrlichem Backsteinbau und haben, wie so viele italienische Kirchen, ein prachtvolles Inneres. Gerade auf Murano kann man sich des Eindrucks nicht erwähren, dass viele Glasbläser sich den kirchlichen Segen geholt haben, indem sie den jeweiligen Pfarrgemeinden ihre prachtvollen Luster aus Glas überlassen haben. Murano ist eine Welt für sich und lebt ganz vom und mit Glas. Wir verbrachten beinahe einen Tag auf dieser Insel, haben uns dann an der Haltestelle „Colonna“ einen wieder völlig überteuerten Aperol Spritz genehmigt, dafür aber Anfang November mit warmer Sonne im Gesicht und Meeresrauschen in unseren Ohren. Die Rückfahrt führte uns dann an der Friedhofsinsel San Michele vorbei zum Fondamente Nuove, von wo wir uns dann zu Fuß (ganz was Neues in Venedig!) zu unserem Hotel „Il Principe“ begeben haben. Auf dem Weg dorthin fanden wir eines dieser kleinen, mit Tischen bis ins letzte Eck vollgestellten Lokale und genossen ein zu unserem Erstaunen recht günstiges, aber gutes, Fischmenü natürlich inkl. obligatorischen Rotwein.
Cannaregio
Eigentlich wollten wir an diesem Tag mit dem Vaporetto Richtung „Fondamente Nuove“ fahren und uns dann dort ins Getümmel werfen, da wir am Vortrag auf der Rückfahrt von Murano hier wunderbaren Gässchen, Kirchen, Brücken zufälligerweise gefunden haben, die uns aber noch gänzlich unbekannt waren. Wie gesagt „eigentlich wollten wir…“ Angekommen bei einer der Haltestellen mussten wir erkennen, dass selbst in Nebengassen Venedig nicht menschenleer ist und die Haltestellen gerammelt voll sind. Nachdem wir zwei Schiffe passieren lassen mussten, sind wir dann per pedes aufgebrochen und entdeckten somit einen neuen Stadtteil, nämlich Cannaregio. Dieser Stadtteil ist eigentlich völlig untouristisch, erstreckt sich nördlich des Canale Grande. Eigentlich haben beinahe alle Venedig-Besucher zumindest einmal diesen Stadtteil schon betreten, denn hier liegt auch der Bahnhof Venezia Santa Lucia. Tritt man aus dem Bahnhofsgebäude heraus, kann man Venedigs jüngste Brücke erkennen. Es handelt sich um die vierte Brücke über den Canale Grande und ist im Gegensatz zu den anderen Brücken ein sehr modernes Bauwerk aus viel Stahl und Glas. Die Ponte delle Costituzione ist auch der Zugang vom Piazzale Roma Richtung centro storico. Cannaregio ist eigentlich das „Arbeiterviertel“ von Venedig, aber beim näheren Hinschauen kann man viele interessante Bauwerke abseits des main streams entdecken. So fanden wir die Kirche Madonna dell’Orto, die mit ihrer hohen Backsteinfront zu den prächtigsten spätgotischen Fassaden Venedigs gehört. Stilelemente von der Romantik über die Gotik bis zur Renaissance zeugen von der langen Entstehungsgeschichte. Nicht weit weg davon findet man den Campo dei Mori, wo man vier an ihren Turbanen erkennbare Figuren in der Hausmauer eingemeißelt findet. Einer der vier (sie stellen Handelsreisende dar) wurde 2010 in der Walpurgisnacht „verschandelt“ und besitzt seitdem eine metallene Nase. Die Figuren stammen aus dem 13. oder 14. Jahrhundert und erinnern an die Zeiten, in denen auf diesem heute stillen Platz Waren aus der der ganzen Welt gehandelt worden sind. Auf dem Weg Richtung Chiesa dei Gesuiti kamen wir am Canale della Mesericordia vorbei, wo wir aufgrund der Nähe zu einem venezianischen Spital die rasante Fahrt eines Rettungsbootes mitverfolgen durften. Spannend, spannend….Direkt am Canale della Misericordia gibt es dann auch noch die Scuola Nuova di Santa Maria della Misericordia. Ein wirklich imposantes Backsteingebäude, welches aufgrund der zu dieser Zeit sehr sonnigen Lage dazu eingeladen hat, dass die wundgelaufenen Füße ein bisschen Erholung bekommen. Nachdem wir dann beim am Fondamente Nuove liegenden Lebensmittelmarkt (Spar, Billa oä) uns mit frischen Obst, Schinken und Käse verpflegt haben, verlassen wir Cannaregio und kommen nun in den größten und facettenreichsten Stadtteil von Venedig.
Castello
Gleich wie Cannaregio ist uns auch der Stadtteil „passiert“, weil eigentlich wollten wir unbedingt Richtung „Arsenale“ und den dort liegenden Grünflächen des Biennale Gelände. So sind wir aber rund um die Santi Giovanni e Paolo, die wiederum ein gewaltiger Backsteinbau ist. Die unvollendete Fassade ist von einem Marmorportal dominiert, in der Elemente der Gotik und der Renaisance vereint sind. Gemeinsam mit der benachbarten Scuola di San Marco, der Rückenansicht des Spitals und dem Reiterstandbild des Colleoni ergibt sich hier ein eindrucksvolles und harmonisches Ensemble. Die Kirche ist beeindruckend, jedoch muss man einige Euro berappen, um in deren Inneres zu gelangen. Da waren wir dann endgültig zu geizig und haben so die Reliefs an der Außenseite bewundert, die eine starke Tiefenwirkung haben. Der ganze für Venedig so typische L-förmige Campo ist sehr erhaben und sehr eindrucksvoll. Auf dem Rückweg zum Hotel konnte sich die Frau des Hauses wieder einmal einem typischen Venedig-Syndrom nicht entziehen und das Gepäck wurde somit um eine wunderbare Lederhandtasche und einigen Halsketten aus Murano-Glas erweitert. Bella Venezia! Ein weiterer Laden säumte unseren Heimweg, nämlich „Lush“, ein wahres Seifenparadies. Von dort nahmen wir einige wunderbare Seifenspielsachen mit, die uns am Abend dann bei einem wunderbaren Vollbad unsere müden Füße vergessen ließen.
Fazit: Venedig mit seinen Lagunen lassen sich nicht mit einem einzigen Besuch erfassen. Man sollte sich kleinere Portionen vornehmen, nicht zu viel planen, sich treiben lassen und ganz einfach sich nicht mit einer „Überdosis“ den Geschmack auf mehr verderben.
Fotos: